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Erlebnisbericht zur Deutschen Science Slam Meisterschaft 2018

Am letzten Samstag hatte ich die besondere Ehre, an der deutschen Science Slam Meisterschaft im Rhein-Main-Kongresszentrum in Wiesbaden aufzutreten. Dieser Science Slam fand vor 4600 Leuten statt, was den bisherigen Weltrekord an Zuschauerinnen und Zuschauern bei einem Science Slam darstellt.

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Das Lampenfieber stieg

Dementsprechend war ich ab Freitagabend aufgeregt, und hatte endlich mal wieder dieses richtig ursprüngliche, starke Lampenfieber, welches einen erst so richtig antreibt. Während am Dienstag vor dem Auftritt noch letzte Hand an die Präsentation selbst gelegt und diese gekürzt wurde, fand am Freitag noch letzte stilistische Arbeit am Vortrag statt, und drei zusätzliche Gags wurden eingebaut.

Konkurrenzgedanken? Nicht beim Science Slam

Gespannte Vorfreude bei der Fahrt nach Wiesbaden. Im Hotel dann nochmal ein letztes Sammeln und Proben, und dann saßen wir schon mit fünf Slammerinnen und Slammern im Großraumtaxi nach Wiesbaden. Es war eine angespannte Stimmung, aber nur wegen des kollektiven Lampenfiebers. Untereinander war es echt cool, und es hatte nichts davon, dass wir später gegeneinander antreten würden.

„Demokratie und Komplexität“ – sogar der Foliensatz passte

Dann diese riesige, bereits erleuchtete Halle, und ein Backstage Bereich, der keine Wünsche offen ließ (vor allem kulinarisch ). Sehr witzig war, dass wir vor dem Fototermin uns fast alle noch einmal umgezogen haben. Und dann: das erste Mal in diesen riesigen Saal. Scheinbar endlose Stuhlreihen, und nach hinten gingen die Plätze hoch, so dass es einem vorkam wie im Stadion. Die Generalprobe, das erste Mal überhaupt ein Headset, und dann ein Gespür für die Größe und den Sound bekommen. Zum Glück war die Präsentation genau so, wie ich sie abgeschickt hatte.

So müssen sich Rockstars vor dem Auftritt fühlen!

Zurück in den Backstage, mehrfaches Durchsprechen des Slams und runterkommen. Teilweise Gespräche mit der Presse, vor allem aber inneres Sammeln. Und dann: Warten. Eigentlich sollten wir 19.55 in die Halle, aber es verzögerte sich aufgrund der vielen Zuschauer, so dass wir erst 20.12 hineingingen. Das war ein krasses Gefühl, dass so viele Menschen kamen, um uns acht zu sehen. Ich dachte mir: so müssen sich Rockstars vor dem Auftritt fühlen.

Startplatz 2 – Ein kleiner Blick in die Zukunft?

Auslosung. Normalerweise bin ich froh, in der zweiten Hälfte zu sein, gern auch als Letzter. Aber diesmal wollte ich früh dran sein, ich hätte sogar den ersten freiwillig genommen. Ich wollte auf die Bühne, rocken und dann den Rest des Abends einfach chillen und die anderen Slams genießen. Entsprechend dankbar war ich über Startplatz 2. Dadurch, dass der Livestream läuft, kommen zwischendurch auch viele WhatsApp-Nachrichten an.

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Horst Seehofer aus Auslöser einer La-ola-Welle

Der erste redet. Nach fünf Minuten zur Technik, verkabeln, bereitmachen. Das Lampenfieber ist moderat, es überwiegt die Vorfreude. Pulsschlag laut Fitbit 115. Der erste Slammer ist fertig. Es geht los. Rauf auf die Bühne, winken zum Publikum. 3,2,1 Science Slam. Und nach 20 Sekunden: tiefer Flow. Die Aufzählung der Ziele des Slams, sein Framing als relevant für alle funktioniert hervorragend. Die ersten Lacher bei Trump und richtig Stimmung von Anfang an. Die Bürgermeister von Mainz und Wiesbaden lachen sich in der ersten Reihe scheckig, die wissen, wovon ich bei „Demokratie und Komplexität“ spreche. Irgendwie eine tiefe Entspannung auf der Bühne, weil das Publikum einen trägt, die La-ola-Welle beim Gag über Horst Seehofer: es war toll. Zwar waren nur die ersten fünf Reihen zu sehen, und die ganze Masse an Zuschauerinnen und Zuschauern war nur zu erahnen. Aber als der Slam so flowte, war es wie eine Geborgenheit dank des Publikums.

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Die politische Kernbotschaft musste sitzen

Diese wurde jäh unterbrochen als es hieß: letzte Minute. Dann heiß es ranhalten, denn die letzte Folie sollte das Pathos und Ethos des Slams sichern. Die Gags über die Parteien saßen allesamt. Die Botschaften der Schlussfolie gingen etwas unter, da die Band schon spielte. Aber der Applaus war überwältigend. Auch das Interview lief unglaublich rund, und ich konnte meine wissenschaftlichen und politischen Kernbotschaften noch einmal setzen. Herunter von der Bühne, und es setzte ein tiefes Gefühl der Zufriedenheit über die gelungene Performance ein. Puls 110.

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Was folgte, war Glück, Entspannung und Zufriedenheit. Ich konnte einen Beitrag zur Unterhaltung tausender Menschen leisten. Politische Bildung konnte begeistern. Ausnahmslos alle Gags haben gezogen, und die drei sprachlichen Haspler fielen wohl kaum auf, mit Ausnahme dessen, dass Koalitionsverhandlungen früher „30 bis 40 Jahre“ gebraucht haben, statt selbstverständlich Tagen.

Vizemeister!

Ich hatte das Gefühl, dass der Slam gut war. Klar war aber auch, dass die anderen sehr gute Performances ablieferten. Dann der brandende Applaus bei der Siegerehrung, unter den ersten fünf, unter den ersten drei, was schon ein Riesenerfolg ist. Und dann war es wohl super knapp, wie mir gesagt wurde.

Das Ergebnis war völlig okay. Denn Stahlverfeinerung mit Oreos so zu erklären, ist einfach geil. Aber ich habe gegeben, was ich konnte. Mit jetzt dem deutschen Vizemeistertitel im Debattieren 2015 und dem Vizemeister im Science Slam 2018 bin ich jetzt so etwas wie der Michael Ballack der Rhetorik. Aber wer sagt denn, dass nicht nächstes Jahr wieder angegriffen wird .

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