Einleitung
Wir befinden uns in bewegten politischen Zeiten, in denen sich die politische Tektonik gerade gravierend verschiebt. Der Prozess der gesellschaftlichen Ausdifferenzierung (Luhmann: 1994), er schreitet voran, und er geht zunehmend auch mit einer weiteren Ausdifferenzierung der politischen Parteienlandschaft in liberalen Demokratien einher. Es ist auch das Politische selbst, welches sich immer weiter ausdifferenziert (Luhmann: 2002).
Leidtragende dieser Entwicklung sind in besonderem Maße sowohl sozialdemokratische als auch sozialistische bzw. linke Parteien. Dies lässt sich schon daran festmachen, dass um die Jahrtausendwende die Mehrzahl der Regierungen in sozialdemokratischer Hand war, während heute fast keine linke Regierung mehr im Amt ist und in Ländern wie Polen (Fehr: 2016), Ungarn (Heller: 2017), Österreich und Italien rechte bzw. rechtspopulistische Parteien in Regierungsverantwortung sind (Levitsky/Ziblatt: 2018). Auch scheint derzeit das politische Momentum auf der Seite der Rechten zu sein.
Die Europäische Linke hat mit ihrer alten historischen Krankheit, nämlich den Abspaltungen zu tun, einerseits durch La France Insoumise unter Melenchon, andererseits durch Die „Democracy in Movement“ (DIEM) Bewegung, die wesentlich von Yanis Varoufakis begründet wurde. Eine geeinte Europäische Linke ist jedenfalls derzeit nicht in Sicht.
Beide Parteiengruppen, sowohl die sozialdemokratischen Parteien als auch die sozialistischen Parteien, sind jedoch vom gesellschaftlich-politischen Rechtsruck (Geiselberger: 2017; Della Porta: 2017) betroffen. Sie sind vor allem auch beide davon betroffen, dass ihr eigentliches politisches Subjekt, nämlich die arbeitende Bevölkerung und die sozioökonomisch weniger privilegierten, in substanzieller Zahl sich dem Rechtspopulismus zuwendet (Brumlik: 2017; Eribon: 2017). Damit gehen natürlich Wahlniederlagen einher, die teils krachend sind.
Trotz des historischen Schismas sozialdemokratischer und sozialistischer Parteien, welche sich in Deutschland im Kontext der Novemberrevolution vollzog, haben beide Parteiengruppen gemeinsame Wurzeln, Wertesysteme und Organisationsformen. Paradigmatisch steht hierfür die Arbeiterinnen- und Arbeiterbewegung (Marx: 1977) als gemeinsamer Ursprung und Basis dieser beiden Parteiengruppen. Sie sind aber auch auf der Ebene der Werte miteinander verbunden, denn Gerechtigkeit (Walzer: 2006; Rawls: 1979), Solidarität (Durkheim: 1977) und Freiheit, insbesondere verstanden als individuelle Freiheit bei gleichzeitiger materieller Abgesichertheit als Voraussetzung ebendieser Freiheit (vgl. Sandel: 2015). Eine wichtige politische Schnittmenge beider Parteiengruppen ist die grundlegende Forderung nach sozialer Gerechtigkeit.
Nun gibt es eine simultane Krise sowohl der sozialdemokratischen als auch der sozialistischen bzw. linken Parteienfamilie in Europa. Dies ist insofern von neuer Qualität, als dass es sonst sehr häufig einen Kompensationsmechanismus gab, bei dem die eine Parteiengruppe von den Verlusten der anderen profitierte. Wie es zu dieser exzeptionellen simultanen Krise kommen konnte, und was mögliche Gegenstrategien dieser Parteien vor dem Hintergrund politologischer, soziologischer, rhetorischer und psychologischer Erkenntnisse sein können, davon handelt dieses Paper.
Die gesamteuropäische Krise der Sozialdemokratie
Die sozialdemokratischen Parteien befinden sich in Europa insgesamt in der Krise. In vielen Ländern haben sie mittlerweile den Status als Volksparteien verloren, da sie schlichtweg zu viele Wählerinnen und Wähler sowie Mitglieder verloren haben. In Frankreich hat sich die Parti Socialiste nach der Präsidentschaft von Francois Hollande bei den letzten Wahlen pulverisiert. Zudem hat sich ihr Spitzenkandidat mit einer eigenen Formation abgespalten. In Deutschland haben sich die Zustimmungswerte für die SPD seit der Jahrtausendwende halbiert (von Lucke 2015: 12). In Italien hat der Partito Democratico bei den letzten Parlamentswahlen drastisch verloren und wurde aus der Regierungsverantwortung heraus abgewählt. Auch im einstigen sozialdemokratischen Musterland gelang es einer sozialdemokratischen Regierung nicht, wiedergewählt zu werden. Obgleich stärkste Kraft, hat auch die schwedische Sozialdemokratie verloren.
In einigen Ländern Ostmitteleuropas gibt es keine nennenswerte Sozialdemokratie. In der Slowakei herrschen zwar offiziell Sozialdemokraten, aber deren Politik entspricht kaum dem, was von einer sozialdemokratischen Regierung erwartbar wäre. Denn auch die Slowakei ist Teil der Visegrad-Gruppe, welche die gesamteuropäische Solidarität im Umgang mit Geflüchteten verweigert.
Es gibt derzeit zwei Spezialfälle sozialdemokratischen Erfolges in Europa, einerseits Labour in Großbritannien und die spanische Partido Sociademocratico de Obreros Espanoles (PSOE). Labour hat bei den jüngsten Parlamentswahlen deutlich hinzugewinnen können, und dies mit einem deutlichen politischen Linksschwenk unter dem Vorsitzenden Jeremy Corbyn. Jedoch vermochte es die Partei bis heute nicht, zu einer konsistenten Linie beim Brexit zu gelangen. Daher ist es fraglich, ob dieser Höhenflug sich so fortsetzt. Hinzu kommt, dass es Labour trotz der schweren politischen Krise, ausgelöst durch den Brexit, immer noch nicht gelungen ist, die konservative Tory-Regierung abzulösen.
In Spanien haben die Sozialdemokraten zwar Einbußen bei der letzten Parlamentswahl gehabt, insbesondere durch die Konkurrenz durch die neu gegründete linkspopulistische Formation Podemos (Müller 2016: 10). Dennoch gelang es ihr unter Pedro Sanchez, die bestehende konservative Regierung zu stürzen und selbst die Regierung zu übernehmen. Dies war jedoch weniger das originäre Verdienst der Sozialdemokratie, sondern eher auf den jahrelangen und massiven Korruptionsskandal, die Operacion Gürtel zurückzuführen, in welche die konservative spanische Partido Popular massiv verstrickt war. Dieser Skandal hat die Konservativen erheblich delegitimiert, was die politische Voraussetzung der sozialdemokratischen Regierungsübernahme war. Die jüngsten Regionalwahlen aber waren auch Debakel für die PSOE. Es lässt sich also insgesamt ein signifikanter Abwärtstrend bei jeweils nationalen Besonderheiten innerhalb der sozialdemokratischen Parteienfamilie in Europa konstatieren.
Auch bei den jetzigen Europawahlen drohen der sozialdemokratischen Parteienfamilie weitere Verluste, insbesondere auch durch das Wegbrechen von Labour aufgrund des Brexits (Vogel: 2019). Genau wie in vielen nationalen Parlamenten ist die Sozialdemokratie inzwischen weit davon entfernt, den Konservativen als stärkste parlamentarische Kraft gefährlich zu werden.
Der politische Beitrag der Sozialdemokratie zu ihrer Krise
Diese hier beschriebene Krise der Sozialdemokratie hat natürlich auch etwas mit spezifischen Fehlern und Schwierigkeiten sozialdemokratischer Parteien zu tun. Diese haben sich nämlich in den letzten zwei Jahrzehnten relativ konsistent verhalten, was auch erklärt, warum viele dieser Parteien jetzt simultan in der Krise sind, allen länderspezifischen Unterschieden zum Trotz.
Die Sozialdemokratie steht klassischerweise für soziale Gerechtigkeit, für Bildungsgerechtigkeit, Chancengleichheit, sozialen Aufstieg insbesondere der arbeitenden Bevölkerung und den Erhalt und Ausbau des Wohlfahrtsstaates als Ausdruck organisierter gesellschaftlicher Solidarität (vgl. Seeleib-Kaiser: 2014; Meyer: 2008; Habermas: 1973). Daraus ergibt sich als Voraussetzung ein handlungsfähiger Staat und eine intervenierende Wirtschaftspolitik sowie ein starker politischer Fokus auf die Sozialpolitik, ebenso die Bildungspolitik und die Arbeitsmarktpolitik.
Jedoch hat sich die Sozialdemokratie in Regierungsverantwortung zur Jahrtausendwende nicht nur an den neoliberalen Zeitgeist (Stiglitz: 2010) angepasst, sondern sie hat ihn auch noch aktiv mitgeprägt. Paradigmatisch steht hierfür das so genannte Schröder-Blair Papier der beiden sozialdemokratischen Regierungschefs Gerhard Schröder und Tony Blair (Busch/Hierschel: 2013; von Lucke: 2013). Dessen Fokus lag auf Werten wie Aktivierung und Eigenverantwortung, nicht jedoch auf den klassisch sozialdemokratischen Werten.
Hier wurden die geistigen Grundlagen für die spätere sozialdemokratische Reformpolitik geprägt, welche sowohl die Deregulierung der Finanzmärkte als auch sozialpolitische Kürzungen beinhaltete (Sandel 2015: 8). Vor allem wurde hiermit die Hinwendung der Sozialdemokratie zur „neuen Mitte“ eingeleitet (Decker: 2018), welche in der Folge mit massiven Mitglieder- und Stimmverlusten bei der Kernanhängerschaft, insbesondere bei den lohnabhängig Beschäftigten einherging (Habermas: 2016; Dallinger/Fückel: 2014). Vor allem aber war damit auch ein politischer Glaubwürdigkeitsverlust der Sozialdemokratie insgesamt verbunden.
Dieser setzte sich fort, als dann die entsprechenden Arbeitsmarkt- und Sozialreformen umgesetzt wurden, welche in Deutschland als Agenda 2010 bekannt wurden und zum Beispiel in Frankreich unter Francois Hollande sehr ähnlich implementiert wurden. Diese Reformen wurden wesentlich mit der Wettbewerbsfähigkeit und Flexibilität begründet (Clasen/Clegg: 2014; Massarrat: 2013;Dörre: 2013). Sie waren aber einerseits nicht mit den klassischen Grundwerten der Sozialdemokratie vereinbar, andererseits aber waren die auch schlicht inkompatibel mit den materiellen und politischen Interessen der Wählerinnen und Wähler.
Denn diese wollten einen weiteren sozialen Aufstieg. Sie hatten ein Interesse an ihrer sozialen Statusreproduktion (vgl. Becker/Schömann: 2015) und wollten nicht, dass durch politische Entscheidungen die Abstiegsängste befeuert werden. Denn genau das war eine wesentliche Konsequenz der sozialdemokratischen Sozialreformen (Koppetsch: 2015; Dallinger/Fückel: 2014; Dörre: 2013). Sie haben also, ob intendiert oder unintendiert, sowohl das Wertesystem als auch die materiellen Interessen ihrer eigenen Wählerschaft beschädigt und sich davon immer noch nicht erholt.
Die gesellschaftliche Vision der Sozialdemokratie war eine nivellierte Mittelstandsgesellschaft (Reckwitz 2018: 203; Ehrenreich/Ehrenreich: 2013). Heute ist unklar, wofür die Sozialdemokratie politisch steht. Dies ist wohl ihre schwerste Hypothek, denn es lässt sich so von den politischen Mitbewerbern nicht sagen, denen zumeist ein bestimmter Markenkern zugeschrieben wird. Genau diese programmatische, normative und gesellschaftspolitische Unklarheit ist wohl der wichtigste Faktor zur Erklärung der Krise der Sozialdemokratie.
Die europaweite Krise der politischen Linken
Aber auch die politische Linke ist in einer andauernden und tiefgreifenden Krise (Mason 2016: 15; von Lucke 2015: 18). Dies ist durchaus paradox, da sowohl die tiefe kapitalistische Krise seit 2008 als auch die politische Schwäche der Sozialdemokratie linken bzw. sozialistischen Parteien einen Aufschub geben sollten. Vor allem zeigt sich, dass Themen wie soziale Gerechtigkeit und materielle Ungleichheiten zunehmend an Relevanz gewinnen (Petring 2015: 225; Piketty: 2014).
Es finden sich verschiedene Gründe, welche als Krisenexplanation der politischen Linken herangezogen werden können. Ein Punkt ist hierbei, dass diese Parteien in der Wahrnehmung häufig auf ein Thema reduziert werden, nämlich Sozialpolitik und soziale Gerechtigkeit, und dann für diejenigen, welche diesem Thema keine hohe Präferenz beimessen, schlicht uninteressant sind.
Zweitens konnte sich auch empirisch zeigen, dass der Effekt linker Parteien auf die materielle Umverteilung sehr gering ist (Dallinger 2013: 574). Das heißt, es ist tatsächlich nicht klar, dass die Stimmabgabe für linke Parteien dann auch einen entsprechenden politischen Output liefert. Dies hat natürlich auch viel mit der Regierungsskepsis und Präferenz für Oppositionspolitik zu tun, die in vielen linken Parteien vorherrscht. Denn aus der Opposition heraus ließen sich insbesondere in den Nullerjahren viele neoliberale Reformen schlicht nicht verhindern. Daraus ergibt sich, dass die Stimmabgabe für eine linke bzw. sozialistische Partei nicht unbedingt einen direkten politischen Output liefert.
Drittens haben gerade linke und sozialistische Parteien, welche sich klassischerweise als politische Interessenvertretung der einkommensschwachen und gesellschaftlich abgehängten Menschen betrachten (Matuschek/Krähnke/Kleemann/Frank: 2011), das Problem dass ihr Elektorat überdurchschnittlich häufig schlicht nicht wählen geht. Statt Wut, Protest oder kollektiver Organisation kommt es zu Apathie und erlernter Hilflosigkeit. Im Ergebnis dessen kommt es zu einer „klassenspezifischen Wahlabstinenz“ (Hadjar/Köthemann: 2014), bei der Unterprivilegierte, die zumindest früher überdurchschnittlich oft links gewählt haben, der Wahlurne fernbleiben , Gutverdiener und Akademikerinnen und Akademiker hingegen überproportional häufig wählen gehen, auch zur Sicherung ihrer eigenen materiellen Interessen (Merkel: 2015: 16; Kocka/Merkel 2015: 322; Weßels 2015: 70).
Dieses Phänomen wird politikwissenschaftlich auch als „Schüchternheitsfalle“ (bzw. timidity trap) bezeichnet (Brunkhorst 2016: 75). Dieser Mechanismus trifft natürlich linke und sozialistische Parteien mit voller Wucht. Denn es ist gerade ihre Anhängerschaft, die besonders anfällig für die Schüchternheitsfalle ist.
Viertens erscheint die politische Linke oft nicht geschlossen. In Deutschland macht sich dies insbesondere an der Migrationsfrage fest, aber auch an Personal- und Strategiefragen. Daraus ergibt sich kein geschlossenes Bild, was dann natürlich für die Wählbarkeit weniger gut ist.
Fünftens ist die politische Linke heute nicht mehr die Protestpartei, so wie sie es in einigen europäischen Ländern über einen entsprechenden Zeitraum war. Der Protest gegen die derzeitigen Zustände entspricht ja auch einem linken Selbstverständnis (vgl. Scharenberg, 2008). Der Protestzug ist nach rechts weitergewandert, gerade auch dadurch, dass insbesondere bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern an der Wahlurne zunehmend Fragen von Ethnizität und Migration Fragen der sozialen Ungleichheit verdrängt haben (Eribon: 2018; Eribon: 2017).
Sechstens fand ein partieller Austausch des Elektorats linker Parteien statt, der insbesondere mit dem Verlust an Protestwählerinnen und Protestwählern einhergeht, aber auch mit dem Eintreten von Menschen, die Migration affirmieren. Die Wählerschaft wurde urbaner, gebildeter und kosmopolitischer. Gerade hier besteht jedoch ein starker Wettstreit mit den Grünen. Und da diese derzeit auf einem besonderen Hoch sind, ist einerseits ein Teil des alten Elektorats weg, und ein Teil des neuen Elektorats ist bereits wieder abgewendet.
All dies zusammen erklärt wesentlich die Krise der sozialistischen Parteien.
Soziologische Empirie: Entsolidarisierung statt Klassenbewusstsein
Doch wie lässt sich nun diese simultane Krise erklären? Einen ganz wesentlichen Faktor hierbei stellen soziologische Dynamiken dar, welche zu veränderten Werthaltungen in der Gesellschaft führen, welche ungünstig sind für Parteien, die kategorial auf Solidarität, kollektiver Handlungsfähigkeit und ein Stück weit auch auf die Wahrnehmung einer geteilten sozialen Lage, auf einem entsprechenden Klassenbewusstsein basieren (Deppe: 2013; Wehler: 2013; Boltanski & Chiapello: 2006). Denn genau dies haben diese beiden Parteienfamilien mit den Gewerkschaften gemeinsam.
Was sich in der Gesellschaft jedoch in erheblichem Maße zeigt, sind starke Tendenzen der Individualisierung, welche ganz wesentlich das Resultat von Jahrzehnten des Neoliberalismus sind (Mau: 2017; Rosa: 2012). Diese Individualisierung, welche also stark mit der vertieften Ökonomisierung der Gesellschaft zusammenhängt, sorgt dafür, dass Menschen in starkem Maße darauf schauen, wo sie selbst innerhalb intensivierter Konkurrenzverhältnisse bleiben. Der Neoliberalismus wurde subjektiviert und verinnerlicht (Reckwitz: 2018; Mason: 2016), was automatisch sowohl den Blick für als auch die Empathie mit anderen schwächt (Bauman: 2016; Koppetsch: 2015). Hierzu haben nachweislich die Arbeitsmarktreformen beigetragen, welche von einer sozialdemokratischen Regierung initiiert wurden (Promberger/Ramos Lobato: 2016; Dallinger/Fückel: 2014). Das heißt, die sozialstrukturellen Voraussetzungen für Solidarität sind schon sehr schlecht. Hinzu kommt dann noch, dass immer mehr Menschen diese Wettbewerbsimperative verinnerlicht haben, insbesondere in der Mittelschicht (Heitmeyer: 2018; Bröckling: 2007).
Aber es geht sogar noch einen Schritt weiter. Dass es in der Gesellschaft um den sozialen Status, auch um soziale Vergleichsprozesse geht, ist nichts grundlegend Neues (Bourdieu: 2007). Die Ergebnisse dieser sozialen Vergleichsprozesse haben nachweislich auch Auswirkungen auf das individuelle Wohlbefinden (Grasseni & Origo, 2018). Diese Vergleichsprozesse haben sich durch die Digitalisierung jetzt natürlich noch einmal massiv verschärft, da alle möglichen Lebensstile und Lebenslagen betrachtbar sind, und weil Menschen insbesondere in den sozialen Netzwerken dazu neigen, ihren Lebensstil performativ und tendenziell positiv darzustellen (Reckwitz: 2018; Heitmeyer: 2018), was in der Konsequenz individuelle Vergleichsprozesse eher negativ ausfallen lässt.
Jedoch geht es heute nicht mehr einfach nur darum, individuell zu sein. Sondern es geht für viele Menschen, insbesondere in der akademischen Mittelschicht darum, etwas Besonderes zu sein, einzigartig. Eine Singularität. Daraus ergibt sich dann das, was der Soziologe Andreas Reckwitz „Die Gesellschaft der Singularitäten“ nennt (Reckwitz: 2018). Es geht darum, die eigene Biographie, den eigenen Lebensstil und die eigene Arbeit als einzigartig zu erleben, zu inszenieren und von anderen auch in dieser Singularität anerkannt zu werden. (Reckwitz: 2018). Um innerhalb der heutigen Aufmerksamkeitsökonomie wahrgenommen zu werden (Schroer: 2014), müssen wir unser Leben insbesondere vermittelt über soziale Netzwerke darstellen. Dies sind jedoch meist positive Darstellungen, kaum Probleme und Schwierigkeiten (Reckwitz: 2018), was dann aber zu einer verzerrten Gesamtsicht auf die Gesellschaft führt. Das wesentliche politische Problem in der Gesellschaft der Singularitäten ist jedoch: wenn die Gedanken vieler Menschen um ihre Singularität kreisen, dann ist für Solidarität wenig Platz, denn wenn mein Bestreben ist, mich von anderen abzugrenzen, dann werde ich mich kaum mit ihnen identifizieren oder für sie einsetzen. Vor allem: Ein Singularitätsbewusstsein ist einem möglichen Klassenbewusstsein, welches letztlich eine Voraussetzung sozialdemokratischer und linker Politik ist, diametral entgegengesetzt.
Die Entsolidarisierung, welche stark mit Individualisierungs- und Singularisierungstendenzen zusammenhängt, hat jedoch noch eine weitere Dimension. Denn zum einen ist gerade in den oberen Schichten der Gesellschaft eine Abkehr von Solidarität und gesellschaftlicher Verantwortung erkennbar, welche Wilhelm Heitmeyer als „rohe Bürgerlichkeit“ (Heitmeyer 2018: 310) beschreibt. Diese Entsolidarisierung von Besserverdienenden als Produkt eines internalisierten Neoliberalismus ist für sozialdemokratische und sozialistische Politik noch verschmerzbar, denn diese Personen sind zumeist schlicht nicht ihr Elektorat.
Die Schwierigkeit besteht jedoch darin, dass auch diejenigen, als deren Interessenvertretung sich sozialdemokratische und sozialistische Parteien betrachten, zunehmend entsolidarisieren. Gerade innerhalb der abstiegsbedrohten Mittelschicht sind ökonomistische Einstellungen recht häufig verbreitet, welche dann mit Abwertungsprozessen gegenüber „Minderleistern“, Langzeitarbeitslosen und anderen einhergehen (Heitmeyer: 2018; Koppetsch: 2015). Der zu beobachtende Mechanismus ist letztlich immer wieder der, dass bestimmte Gruppen der Gesellschaft, gerade dann wenn sie Ängste haben abzusteigen, immer wieder ihren eigenen Selbstwert erhalten oder steigern, in dem sie andere, häufig in noch prekäreren Lagen befindliche Gruppen abwerten (Heitmeyer: 2018; Köpping: 2018). Genau diejenigen aber sollten sich eigentlich, nach sozialdemokratischer und sozialistischer Lesart, zusammenschließen und solidarisch kämpfen. Doch offenkundig ist das Bedürfnis nach Distinktion stärker als jenes nach Solidarität. Daraus folgt dann für linke Parteien die sehr schwerwiegende Frage, wer eigentlich genau ihr politisches Subjekt ist.
Dadurch, dass gerade die Abstiegsängste durch strukturelle Ursachen wie die kapitalistische Globalisierung (Piketty: 2014), die Digitalisierung und die mit ihr einhergehenden Veränderungen der Arbeitswelt (Yogeshwar: 2017; Brynjolfsson & McAfee: 2014) sowie die aktivierenden Arbeitsmarktreformen (Dallinger/Fückel: 2014; Dörre: 2013) deutlich zugenommen haben. Diese induzierten Ängste sorgten natürlich für eine umfassende Disziplinierung und entsprechende Anpassungsprozesse, insbesondere in der Mittelschicht (Koppetsch: 2015). Dieser erlebte multiple Druck wird dann entsprechend weitergegeben, indem man zur Selbstentlastung auf andere herabschaut.
Genau dieser Mechanismus der Fremdabwertung zur Erhaltung des eigenen, prekären Selbstwertes aber verhindert entsprechende Mitte-unten-Bündnisse, welche dann sozialdemokratische und sozialistische Parteien als ihre natürlichen Bündnispartner betrachten könnten.
Das Verstummen der Sozialkritik
Neben der Solidarität gibt es eine weitere wichtige kategoriale Voraussetzung sozialdemokratischer und sozialistischer Politik, nämlich die Sozialkritik. Diese Sozialkritik beschreibt eine Form der Kritik an der Gesellschaft, welche auf Gerechtigkeitsprinzipien basiert und die Verteilung von Gütern und Reichtum thematisiert (Boltanski & Chiapello, 2006). Die Soziologin Gabriele Wagner bringt es auf den Punkt: Angesichts der zunehmenden Individualisierungsrhetorik in unserer Gesellschaft und den zunehmenden Entsolidarisierungsprozessen haben wir es mit einem „Verstummen der Sozialkritik“ (Wagner 2008: 311) zu tun.
Dieses Verstummen der Sozialkritik hat eine ganz wesentliche Voraussetzung, nämlich die Individualisierung der Zuschreibung der jeweiligen gesellschaftlichen Lage, gerade vor dem Hintergrund eines weithin akzeptierten Grundsatzes einer marktkonformen Leistungsgerechtigkeit (Heitmeyer: 2018; Koppetsch: 2015; Bröckling: 2007). Das heißt, neben der Abwertung marginalisierter und prekärer Gruppen haben wir es mit einer individualisierten Schuldzuschreibung zu tun, die von immer mehr Menschen geteilt wird. So wird dann Arbeitslosigkeit, Armut oder auch eine Prekarität der Lebensverhältnisse als das Ergebnis mangelnder Leistung und Anstrengung angesehen, nicht als politisch-strukturell verursacht. Dieses marktförmige Leistungsgerechtigkeitsdenken (Tullius/Wolf: 2016; Micus: 2015) ist das Ergebnis der Verinnerlichung neoliberaler Glaubenssätze in den einzelnen Bürgerinnen und Bürgern, und es ist ein weiterer Mechanismus, der progressive Bündnisse und Zusammenschlüsse verhindert. Mehr noch: Sozialdemokratische und sozialistische Politik, welche auf die Stärkung des Wohlfahrtsstaates abzielt, kann aus dieser Perspektive als illegitim angesehen werden, weil ja hier Menschen Leistungen bekommen, gar Leistungserhöhungen, obwohl sie diese gar nicht „verdient“ hätten. So ist auch partiell erklärlich, warum Menschen mit mittlerem oder geringem sozioökonomischem Status gegen ihre eigenen materiellen Interessen wählen.
Der Rechtspopulismus als gemeinsame Bedrohung
In jüngster Zeit, insbesondere nachdem sich hunderttausende Geflüchtete im Jahr 2015 nach Deutschland bewegten und es jetzt auch in Deutschland eine parteiförmige Organisation des Rechtspopulismus in Form der AfD gibt (Lewandowsky/Giebler/Wagner: 2016), sind sozialdemokratische und sozialistische Parteien mit einer neuen Qualität parteipolitischer, aber auch weltanschaulicher Konkurrenz konfrontiert. Das parlamentarische Konkurrenzverhältnis zeigt sich daran, dass es teils massive Wählerwanderungen gab. Der „vagabundierende Autoritarismus“ (Heitmeyer: 2018), bei dem ein relevanter Teil des Elektorats durchaus autoritäre und autoritätsaffine Ansichten hatte, es war einmal im Wesentlichen von den Volksparteien absorbiert worden. Heute wird genau dieser Teil der Wählerschaft sehr umfassend durch rechtspopulistische Parteien gebunden.
Der Bielefelder Soziologe Wilhelm Heitmeyer geht davon aus, dass eine Kombination aus sozialer Desintegration, mangelhafter politischer Partizipation und ökonomischen Abstiegsängsten den Boden bereiten für das, was er als „autoritäre Versuchung“ bezeichnet (Heitmeyer: 2018). Diese Gemengelage ist für eine relevante Anzahl von Menschen gegeben, insbesondere auch in Regionen, in denen es abwärts geht, und insbesondere in Ostdeutschland (Köpping: 2018). Insbesondere deshalb sind rechtspopulistische Parteien hier sehr stark.
Es kommt ein weiteres Problem hinzu, nämlich das Komplexitätsdifferenzial, welches den Rechtspopulisten in die Hände spielt. Sozialdemokratische und sozialistische Parteien neigen zu komplexen Betrachtungen und versuchen in vielen Fällen, die politische Komplexität adäquat zu beantworten. Demgegenüber geben rechtspopulistische Parteien auf komplexe Fragen einfache Antworten, was ihnen dann diskursive und strategische Vorteile verschafft (Hillje: 2018; Ötsch/Horaczek: 2017; Müller: 2016). Ein einfaches Beispiel hierfür: Auf Geflüchtete zu schimpfen, die häufig in der Lebenswelt von Menschen sichtbar ist, erscheint kognitiv deutlich nachvollziehbarer, als sich über Steuerflüchtlinge und ihren viel höheren Schaden zu echauffieren. Denn das neue Smartphone eines Geflüchteten kann ich sehen, die fehlende Kindertagesstätte aufgrund von Steuerhinterziehung nicht.
Es kommt jedoch noch ein politisch-psychologisches Problem hinzu. Wir können davon ausgehen, dass Menschen grundlegend danach bestrebt sind, ihren Selbstwert zu erhalten bzw. zu verbessern (Morf/Koole: 2014). Unseren Selbstwert können wir auch erhöhen, indem wir uns bestimmten Gruppen zugehörig fühlen, indem etwas, was Teil unserer sozialen Identität ist (Tajfel: 1982) entsprechend aufgewertet wird. Gerade dadurch, dass sich durch Globalisierung und Digitalisierung abhängig Beschäftigte weniger wertgeschätzt, ein Stück weit auch abgehängt werden und von den hochqualifizierten Akademikerinnen und Akademikern nicht selten auch tatsächlich abgewertet werden, sehnen sie sich nach einer Instanz, die sie aufwertet. Das frühere Klassenbewusstsein, auch der Stolz ein Teil der Arbeiterbewegung zu sein, ist heute als Identitätsangebot so gut wie nicht mehr relevant (Eribon: 2017; Boltanski/Chiapello: 2006). Hingegen gibt es die absolut niedrigschwellige Erzählung, dass man einfach schon Deutscher sei, qua ethnischer Zugehörigkeit, und damit etwas Besonderes, auch etwas Höheres als andere marginalisierte Gruppen (Heitmeyer: 2018; Köpping: 2018). Damit erfüllt die rechtspopulistische Erzählung das Bedürfnis nach Selbstaufwertung, welche eine sozialdemokratische bzw. sozialistische Erzählung nicht befriedigt. Hinzu kommt, dass insbesondere in der politischen Linken, aber auch in der Sozialdemokratie identitätspolitische Anforderungen gestellt werden (geschlechtergerechte Sprache, Privilegienbewusstsein, Postkolonialismus), welche kulturell auf einige sogar abschreckend wirken und abgehoben bzw. linkselitär erscheinen (Nassehi: 2018; Lilla: 2017; Williams: 2017). Solche Anforderungen stellen Rechtspopulisten nicht, sondern im Gegenteil schaffen sie teils noch einen Resonanzraum für bestehende Ressentiments (vgl. Eribon: 2017), was dann natürlich die relative Attraktivität der rechtspopulistischen Erzählung insbesondere für nicht Studierte, lohnabhängige Menschen deutlich erhöht. Nicht umsonst gibt es selbst unter Gewerkschaftsmitgliedern, welche sich eigentlich dem Grundwert der Solidarität verpflichtet fühlen sollten, überproportional viele Wählerinnen und insbesondere Wähler rechtspopulistischer Parteien.
Mögliche Gegenstrategien dieser Parteien
Sowohl die sozialdemokratischen als auch die sozialistischen Parteien müssen jedoch nicht dauerhaft in dieser Krise verbleiben. Sie haben vielfältige Handlungsmöglichkeiten, wie sie mit ihrer derzeitigen Krise umgehen können. Die hier aufgeführten möglichen Strategien sind selbstverständlich miteinander kombinierbar und an die jeweiligen Erfordernisse der einzelnen Parteien anzupassen. Folgende konkrete Handlungsoptionen erscheinen sowohl für sozialdemokratische als auch für sozialistische Parteien.
- Sozialstaatsversprechen für das digitale Zeitalter
Angesichts dessen, dass die Digitalisierung mit hoher Wahrscheinlichkeit tatsächlich disruptiv wirken wird, und gerade durch maschinelles Lernen sowie den 3D-Druck ganz neue Produktivitätspotenziale möglich sind, sollten all diejenigen, die dann möglicherweise arbeitslos werden (Harari: 2018; Yogeshwar: 2017), direkt aufgefangen werden und möglichst auch direkte Angebote erhalten, um ihre Beschäftigungsfähigkeit zu sichern.
- Zeitwohlstand als politisches Ziel
Gerade angesichts der gesellschaftlichen Beschleunigung, vor allem aber auch der massiven Produktivitätssteigerungen seit dem 2. Weltkrieg ist die Frage, warum es immer noch nicht gelungen ist, die Arbeitszeit der Beschäftigten signifikant zu senken (Rosa: 2012; Rosa: 2005). Gerade die jüngsten gewerkschaftlichen Kämpfe für mehr selbstbestimmte Arbeitszeit, auch für eine Arbeitszeitverkürzung, bietet definitive Anknüpfungspunkte für eine gesamtgesellschaftliche Neugestaltung von Arbeitszeit . Das Ziel ist mehr Zeitwohlstand, also selbstbestimmte Arbeitszeit (vgl. Hipp/Kelle/Quart: 2017; Rosa: 2005). Dieses Ziel ist weit anschlussfähig, da das Stressempfinden vieler Menschen massiv gestiegen ist, und Zeitdruck heute einer der wesentlichsten Stressoren ist (Leinhos/Rigotti/Baethge: 2018).
- Etablierung als Parteien der regionalen Gerechtigkeit
Wir müssen heute in immer stärkerem Maße feststellen, dass der politische und verfassungsmäßige Anspruch gleichwertiger Lebensverhältnisse in immer geringerem Maße gegeben ist. Die Unterschiede zwischen Stadt und Land nehmen immer stärker zu (Reckwitz: 2018; Bauman: 2017; Ash: 2016). Es steigen sowohl die sozioökonomischen als auch die kulturellen und politischen Unterschiede zwischen Stadt und Land, und es findet hier auch eine zunehmende Polarisierung statt (Heitmeyer: 2018). Wenn nun aber Gerechtigkeit breit definiert wird und auch Gerechtigkeit zwischen Regionen beinhaltet, und dies verknüpft wird mit dem normativen Anspruch gleichwertiger Lebensverhältnisse, so ergibt sich hier definitiv ein Topos für sozialdemokratische und sozialistische Politik. Denn gerade hier werden diese Parteien auch unterdurchschnittlich oft gewählt, und gerade diejenigen, die in wenig prosperierenden bzw. abstiegsbedrohten Regionen leben, sind sehr anfällig für autoritäre Versuchungen (Hillje: 2018; Heitmeyer: 2018). Daher ist es wichtig, Konzepte für ländliche Räume zu entwickeln und dort auch präsent zu sein.
- Polarisierung statt Postdemokratie
Colin Crouch hat mit seinem Werk „Postdemokratie“ (Crouch: 2008) ein wichtiges politologisches Werk beschrieben, in dem er beschreibt, wie etablierte Demokratien zunehmend medialisiert, personalisiert und unmittelbarer werden sowie die großen Unterschiede zwischen den etablierten Parteien verschwinden. Es wird dieser Diagnose gemäß nicht mehr über grundlegende politische Fragen, gar ganze Gesellschaftskonzeptionen gestritten (vgl. Habeck: 2018), sondern Politik vielmehr inszeniert.
Diese Demokratiediagnose hat definitiv Relevanz und bestimmte Phänomene der Postdemokratie sind heute in westlichen liberalen Demokratien klar zu beobachten (Brunkhorst: 2016; Merkel: 2015). Daher geht es darum, klare gesellschaftliche Ideen und Konzepte zu entwickeln und diese auch konsistent immer wieder zu kommunizieren (Wehling: 2016). Der demokratische Sozialismus als das programmatische Basalkonzept beider Parteienfamilien (vgl. Honneth: 2015; Meyer: 2008), er ist nicht nur unterkonzeptualisiert, er ist vor allem untererzählt. Es braucht ein klares Narrativ, wie eine andere Gesellschaft aussehen kann, sowie möglichst konkrete und umsetzbare Konzepte.
- Linkspopulismus
Natürlich ist der Linkspopulismus eine relevante und mögliche Strategie sozialdemokratischer und sozialistischer Parteien. Er hat den großen Vorteil, dass somit einfache und anschlussfähige Erzählungen möglich sind, und er mobilisiert die eigene Anhängerschaft (vgl. Müller: 2016). Das Problem ist jedoch, dass keinesfalls gesichert ist, dass diejenigen, die mit einer linkspopulistischen Erzählung von „denen da oben“ eingefangen werden können, dann nicht auch affizierbar für Rechtspopulismus sind (Heitmeyer: 2018). Zudem könnte die oft notwendige Vereinfachung und analytische Verflachung, die regelmäßig mit populistischen Politikkonzeptionen einhergeht, für die jeweils eigene Mitgliedschaft demotivierend und frustrierend sein. Daher erscheint eher ein selektiver Linkspopulismus vielversprechend.
- Eine Machtperspektive qua Kooperation aufbauen
Dadurch, dass der Wahlakt sowohl demokratietheoretisch als auch praktisch dazu führen soll, dass sich Politik verändert, ist es wichtig, eine klare Machtperspektive aufzubauen. Dieses geht jedoch nur dann, wenn es entsprechend vorbereitet wird und hinreichendes Vertrauen zwischen den Akteuren gegeben ist. Es sollte klar erkennbar sein, dass eine Stimme für sozialdemokratische bzw. sozialistische Parteien tatsächlich einen Politikwechsel bewirken kann. Diese politische Responsitivität ist sowohl gut für diese Parteien, als auch für die Demokratie insgesamt.
Literatur:
Ash, Timothy Garton (2016). Redefreiheit. Prinzipien für eine vernetzte Welt. München: Hanser.
Bauman, Zygmunt (2017). Symptome auf der Suche nach ihrem Namen und Ursprung. In Geiselberger, Heinrich (Hg.). Die Große Regression. Eine internationale Debatte über die geistige Situation der Zeit. Berlin: Edition Suhrkamp. S. 37-56.
Bauman, Zygmunt (2016). Die Welt in Panik. Wie die Angst vor Migranten geschürt wird. Blätter für deutsche und internationale Politik, 10, S. 41-50.
Becker, Rolf/Schömann, Klaus (2015). Statusreproduktion und Mobilitätseffekte beruflicher Weiterbildung. Zeitschrift für Soziologie, 4, S. 272-291.
Boltanski, Luc & Chiapello, Eve (2006). Der neue Geist des Kapitalismus. Konstanz: UVK Verlag.
Bourdieu, Pierre (2007). Die feinen Unterschiede. Frankfurt am Main: Suhrkamp Wissenschaft.
Bröckling, Ulrich (2007). Das unternehmerische Selbst. Soziologie einer Subjektivierungsform. Frankfurt am Main: Suhrkamp Wissenschaft.
Brunkhorst, Hauke (2016). Krise und Kritik: Für eine Repolitisierung Europas. Blätter für deutsche und internationale Politik, 1, S. 69-76.
Brynjolfsson, Erik/McAfee, Andrew (2014). The Second Machine Age. New York: Norton.
Brumlik, Micha (2017). Vom Proletariat zum Pöbel. Das neue reaktionäre Subjekt. Blätter für deutsche und internationale Politik, 1, S. 56-62.
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