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Wolodymyr Selenskyj und Vitali Klitschko verwandeln soft power in hard power – und Olaf Scholz kommt im Kanzleramt an

Der Ausgangspunkt: Klare Unterlegenheit an hard power

Die Russische Föderation hat absolut völkerrechtswidrig einen brutalen Angriffskrieg gegen die Ukraine vom Zaun gebrochen. Dieser Krieg hatte sich schon über Monate abgezeichnet, aber es sind diverse diplomatische Anstrengungen unternommen worden, um ihn noch abzuwenden. Dennoch hat die russische Invasion auf die unabhängige Ukraine begonnen.

In diesem Krieg ist im Ausgangspunkt die Ukraine militärisch hoffnungslos unterlegen. Die russischen Streitkräfte sind viel größer, trainierter, teils auch deutlich kampferprobter, und sie haben durch die Unterstützung von Weissrussland die Ukraine von sehr vielen Seiten aus angegriffen. Da die Ukraine nicht Mitglied der NATO ist, da ein direktes militärisches Eingreifen anderer Staaten an der Seite der Ukraine ausgeschlossen wurde und auch Waffenlieferungen erst zögerlich ausgesprochen wurden, ist die Ukraine in der Folge militärisch unterlegen.

Die ukrainische Überlegenheit: soft power

Dennoch hat die Ukraine einen entscheidenden Vorteil, und dieser liegt in ihrer soft power, in ihrer Fähigkeit, überzeugend aufzutreten und Sympathien zu gewinnen. Dabei hatte sie zunächst den Vorteil, dass die Kriegserklärung Putins keineswegs überzeugend war, dass sie mit Falschbehauptungen und Verdrehungen gespickt war, hat dazu geführt, dass die Illegitimität des russischen Angriffes für alle welt sehr deutlich wurde.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat noch unmittelbar vor dem Krieg sich an das russische Volk gewandt, und davon gesprochen, dass man gemeinsam in Frieden leben möchte. Dass man verschieden sei, aber dass man gemeinsam und friedlich miteinander leben kann. Er hat aufgezeigt, dass er als Jude kein Nazi sein kann, als welcher er durch den russischen Präsidenten Putin diffamiert wurde. Er hat gleichzeitig gegen den entsprechenden Rat Kiew nicht verlassen, sondern zeigt sich an der Seite seines Volkes. Er hat alle dazu aufgerufen, die Heimat zu verteidigen und sich zur Wehr zu setzen, und massive internationale Anstrengungen zur Unterstützung der Ukraine unternommen. Diese sind jetzt auch von Erfolg gekrönt, und genau das registrieren natürlich auch die Menschen. Er weiß selbst, dass auch er selbst als Präsident das Ziel des russischen Angriffes ist, und er zeigt auf, dass er im Zweifel auch bereit ist, selbst zu sterben. Genau das führt jetzt dazu, dass erstaunliche viele Ukrainerinnen und Ukraine sich freiwillig zu den Waffen melden oder die angebotenen Waffen nehmen. Gleichzeitig stärkt das natürlich auch die Moral der eigenen Armee, da der Präsident ein Vorbild ist. Die soft power wird zunehmend zur hard power.

Der Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko hat sehr früh davor gewarnt, dass Kiew das ziel des russischen Angriffes werden würde. Er hat zu entsprechenden Demonstrationen und Solidaritätsbe-kundungen aufgerufen, und auch seine internationale Reputation, insbesondere auch seine Popularität in Deutschland genutzt, um aufzuzeigen, dass es jetzt um die Verteidigung der Stadt geht, die er regiert. Er hat massiv vor der russischen Aggression gewarnt, und er hat Recht behalten. Vor allem hat er es auch geschafft, dass Kiew zum Symbol des Kampfes um die Freiheit wurde.

Wladimir Putin hat demgegenüber nur die eigenen Anschuldigungen wiederholt, und er geht hart gegen Demonstrantinnen und Demonstranten im eigenen Land vor. Er will jetzt den Krieg weiter eskalieren. Nichts davon wird die Unterstützung für Russland, seine soft power erhöhen.

Die Folgen in Deutschland

Heute bekam der ukrainische Botschafter bei der Sondersitzung des Bundestages minutenlangen Applaus. Olaf Scholz ist am heutigen Tage endlich auch tatsächlich im Bundeskanzleramt angekommen.

Dass der Bundestag sich in seiner Sondersitzung ebenfalls erhob, um derer zu Gedenken, die sich in Russland gegen den Krieg gestellt haben, zeigt ganz deutlich, dass Deutschland sich entschieden hat, klar zu differenzieren zwischen der Kriegsverantwortung Putins und dem Wunsch nach Aussöhnung mit Russland.

Dadurch, dass die Ukraine derart viel Sympathien in diesem Krieg genießt, ist heute in Deutschland eine politische Zeitenwende geschehen. Es wurde ein beispielloses Sanktionspaket beschlossen, ein Sondervermögen zur Aufrüstung der Bundeswehr und ein Bekenntnis zu einer schnellstmöglichen energetischen Unabhängigkeit, vor allem aber die Bereitschaft zu direkten Waffenlieferungen in die Ukraine, all dies hätte es nicht gegeben ohne die soft Power, welche die Ukrainerinnen und Ukraine in erheblichem Maße Präsident Selenskyj und Bürgermeister Klitschko zu verdanken haben.

Die heutige Sondersitzung des Bundestages war eine Zeitenwende, aber auch eine Sternstunde der Demokratie und des Parlamentarismus. Die Außenpolitik wurde grundlegend neu ausgerichtet, es wurde überparteilich ein neuer politischer Kurs beschlossen und die neue Bundesregierung hat eine Entschlossenheit gezeigt, die es so vorher nicht gab. Auch dank Wolodymyr Selenskyj und Vitali Klitschko ist Olaf Scholz endlich im Kanzleramt angekommen.